Jubiläumsweinprobe im St. Antoniushaus

Zum runden Jubiläum muss man anstoßen, am besten mehrmals. Zwölf Weine aus den sieben Standorten der katholischen Pfarrgruppe Nierstein-Oppenheim hatte der Vorstand zusammengestellt, um zu feiern.

Der Niersteiner Kilians-Chor wurde vor 30 Jahren gegründet und lud ein zur Jubiläumsweinprobe. Knapp 60 Gäste waren ins St. Antoniushaus gekommen, an der Bergkirche, oberhalb der Glöck. Neun Weißwein-Rebsorten sorgten für Abwechslung, und Dr. Lutz Pohle, Mitte der 80er Jahre Kaplan in Nierstein, führte mit präzisen Anmerkungen und allerlei weinseligen Zitaten durch den Abend – genauso wie vor fünf Jahren, als der Kilians-Chor seinen 25. feierte.

In der kurzen Zeit in Nierstein entwickelte der 76-Jährige aus Schlangenbad offenbar eine lange Bindung. Er wolle hier dereinst begraben werden, kündigte Pohle an – und sorgte mit dem Satz „Es ist immer wieder eine Freude, schon mal zu gucken“ prompt für Lacher. Dass man Weine aus sieben Städten und Gemeinden probiert, habe auch einen traurigen Anlass – die immer größer werdenden Pfarrgruppen. „Das liegt nicht an den Gemeinden, sondern an der Hierarchie“, bekundete Pohle. Doch das sei eher ein Thema für Bildungsabende.

Wobei der Probenleiter zu jedem Wein auch ein paar Verse aus seiner über Jahrzehnte gepflegten Zitatensammlung in petto hatte. Begonnen mit Angelus Silesius, der unter guten Christen das Beten, Singen und Trinken gleichsetzte.

Mit Scheurebe (Weingut Dietz/Oppenheim) und Sauvignon Blanc (Seebrich/Nierstein) ging es fruchtig los. „Der Wein ist das Blut der Erde“, sagte einst Hildegard von Bingen. Aus dem Grauburgunder (Domtalhof/Schwabsburg) schmeckte Pohle zum allgemeinen Erstaunen Roggenbrot und Heu heraus – und beging das „Wagnis“, im Schatten des katholischen Gotteshauses ein Luther-Zitat zum Besten zu geben. „Bier ist Menschenwerk – Wein ist von Gott.“ Das ist wohl ökumenisch konsensfähig.

Gleich drei Rieslinge (Huff/Schwabsburg, Julianenhof/Nierstein, Domäne Oppenheim) bildeten den geschmacklichen Höhepunkt des Abends. Wilhelm Buschs Bemerkung, ein leeres Glas möge er nicht lange leiden, fand allgemeine Zustimmung. Ein Silvaner (Kühn/Dienheim) läutete die zweite, süßere Hälfte ein, und mit Zuckmayers Forderung „Vermeide stets, dich einsam zu besaufen“ stieg auch der Geselligkeitspegel. „Wie ein feiner Wiesenduft“ nahm Pohle den Weißburgunder (Lamberth/Ludwigshöhe) wahr. „Zu viel kann man wohl trinken – doch nie trinkt man genug“, diktierte Lessing. Also weiter. Der liebliche Morio Muskat (Fischborn/Dexheim) „lässt uns selig werden, ohne dass man sterben muss“, wie einst Goethe auf Wein und Frauen gleichermaßen münzte.

Honig pur flog bei der Gewürztraminer-Spätlese (Belzer/Guntersblum) durch die Nase. Wein mache, sagte Jean Paul, den Dummen dümmer und den Klugen klüger. Bitte was? Für, noch einmal, Goethe war der Wein auch ein „Sorgenbrecher“. Das passte, weil gerade beim Ölberg Riesling aus dem Sternenfelser Hof die Nachricht die Runde gemacht hatte, dass die Niersteinerin Lea Kopp es nicht ins Finale der Wahl der Deutschen Weinkönigin geschafft hat. Die Messlatte in Sachen Ausgelassenheit setzte längst das Ausschank-Team aus dem 64-köpfigen Chor, der sich zum Abschluss über einen Muscabona freute – der einzig noch im Weingut Schauf (Guntersblum) angebaut wird. „Mit Karotten sieht man besser, mit Wein doppelt“, lautete das Bonmot eines Chormitglieds. Schön war’s

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